In einer Welt, in der Aufmerksamkeit die ultimative Währung ist, stellt sich immer wieder die Frage, wer Plattformen erhält und wer nicht. Das Konzept des Deplatformings – also der Entzug von medialen oder digitalen Kanälen für bestimmte Personen – ist dabei hochumstritten. Ist es eine Form der Zensur, eine legitime Maßnahme gegen Desinformation oder schlicht ein Mittel zur Verteidigung demokratischer Prinzipien? Die aktuelle Debatte über politische Einflussnahme von außen, insbesondere durch Figuren wie Elon Musk oder den US-Vizepräsident J.D. Vance, zeigt, wie sehr diese Fragen an der Substanz demokratischer Selbstbestimmung rütteln.
Der Mechanismus des Deplatformings
Deplatforming ist keineswegs ein neues Phänomen. Historisch gesehen hat es immer Mechanismen gegeben, mit denen Gesellschaften entschieden, wer gehört werden darf und wer nicht. Früher war es die Kirche, später der Staat, heute sind es oftmals private Unternehmen, die Social-Media-Plattformen betreiben. In einer hypervernetzten Welt bedeutet dies, dass eine Sperrung auf Twitter (jetzt X) oder YouTube drastische Auswirkungen auf die öffentliche Sichtbarkeit einer Person haben kann.
Befürworter von Deplatforming argumentieren, dass bestimmte Personen – insbesondere jene, die gezielt Falschinformationen verbreiten oder extremistische Positionen fördern – keinen Anspruch auf eine massenhafte Verbreitung haben. Gegner sehen darin einen Angriff auf die Meinungsfreiheit und warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall. Doch der entscheidende Punkt bleibt: Nicht jede Meinung verdient eine Plattform. Insbesondere dann nicht, wenn sie aktiv daran arbeitet, demokratische Grundstrukturen zu untergraben.
Musks und Vances Angriffe auf die deutsche Politik
Ein aktuelles Beispiel, das zeigt, wie notwendig eine Diskussion über Plattformen und politische Einflussnahme ist, ist das Verhalten von Elon Musk und J.D. Vance. Beide haben in den vergangenen Wochen unverhohlen für rechte Parteien in Deutschland geworben und dabei bewusst Narrative bedient, die an der Souveränität der deutschen Politik sägen. Musk, der einst als Tech-Visionär galt, ist zunehmend zu einem Sprachrohr rechtspopulistischer und verschwörungstheoretischer Strömungen geworden. Sein Einfluss auf digitale Kommunikation ist enorm, und sein X-Account mit Millionen Followern sorgt für eine globale Verbreitung seiner Ansichten.
J.D. Vance schließt sich diesem Kurs an. Seine offenen Empfehlungen, in Deutschland extrem rechte Parteien zu unterstützen, sind nicht nur eine politische Geschmacklosigkeit, sondern ein direkter Eingriff in die demokratischen Prozesse eines anderen Staates. Solche Interventionen aus dem Ausland sind kein Zufall, sondern ein gezielter Versuch, die politische Landschaft in Europa zu verschieben – oft mit dem Ziel, EU-Skepsis und Destabilisierung voranzutreiben.
Warum wir Deplatforming ernst nehmen müssen
Die Frage ist also nicht nur, wer eine Plattform bekommt, sondern wer diese für welchen Zweck nutzt. Das Problem ist nicht allein, dass Personen wie Musk oder Vance Unsinn verbreiten, sondern dass ihre Reichweite ihnen eine unverhältnismäßige Macht verleiht. Aufmerksamkeit ist die Grundlage moderner politischer Macht – und wenn die falschen Personen diese erhalten, können die Folgen gravierend sein.
Es geht nicht darum, eine umfassende Zensur zu fordern. Es geht darum, Verantwortung für die Reichweite zu übernehmen. Wenn digitale Plattformen durch Algorithmen extremistische Inhalte verstärken oder durch gezielte Inaktivität toxischen Diskurs normalisieren, dann wird es gefährlich. Plattformen müssen sich der Verantwortung bewusst sein, die sie tragen – und die Gesellschaft muss sich fragen, wem sie Gehör schenkt.
Plattformen sind kein rechtsfreier Raum
„Don’t make stupid people famous“ ist mehr als nur ein sarkastischer Spruch. Es ist eine politische Notwendigkeit in einer Zeit, in der Meinungen nicht mehr nur diskutiert, sondern durch Social Media und digitale Plattformen massiv verstärkt werden. Deplatforming bleibt ein umstrittenes Werkzeug, doch es ist auch eines der wenigen Mittel, um sicherzustellen, dass Demokratie nicht durch Lautstärke ersetzt wird. Wer eine Bühne erhält, beeinflusst Meinungen – und somit Wahlen, Gesellschaften und ganze Staaten. In Zeiten externer Einflussnahme durch Figuren wie Musk oder Vance ist es wichtiger denn je, darüber nachzudenken, wer in den öffentlichen Diskurs gehört – und wer nicht.