Die herrschende Meinung

Artikel mit Tag bverfg

Artikel mit Tag bverfg

Verwandte Tags
bayern bundesjustizministerium datenschutz ebay hessen online-durchsuchung saarland schäuble-monitoring sicherheit software vorratsdatenspeicherung wahlcomputer wahlmaschinen

Dienstag, 2. März 2010

Vorratsdatenspeicherung verfassungsgemäß

Für moderate Juristen ist das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung keine Überraschung: die VDS an sich ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn auch nur unter strengen Vorgaben. Zwar hat das BVerfG die §§ 113a, 113b TKG, 100g StPO in ihrer derzeit gültigen Fassung für nichtig erklärt, dennoch kann und darf der Staat die Mitprotokollierung der Verbindungsdaten veranlassen.

Das BVerfG zieht enge Grenzen für die vorsorgliche Telekommunikationsverkehrsdatenspeicherung und hält diese nur dann mit Art. 10 Abs. 1 GG vereinbar, wenn ihre Ausgestaltung besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Praktischerweise zählt das Gericht diese Anforderungen auch noch sehr konkret auf:

  • Datensicherheit
    Angesichts des Umfangs und der Aussagekraft der Vorratsdatenspeicherung ist die Datensicherheit für die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Vorschriften von großer Bedeutung. Erforderlich sind gesetzliche Regelungen, die ein besonders hohes Maß an Sicherheit jedenfalls dem Grunde nach normenklar und verbindlich vorgeben.
  • Datenverwendung
    Für die Strafverfolgung darf der Abruf der Daten nur bei begründeten Verdacht einer auch im Einzelfall schwerwiegenden Straftat stattfinden. Welche Straftatbestände hiervon umfasst sein sollen, hat der Gesetzgeber abschließend mit der Verpflichtung zur Datenspeicherung festzulegen. Für die Gefahrenabwehr gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ein Abruf der vorsorglich gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten darf nur bei Vorliegen einer durch bestimmte Tatsachen hinreichend belegten, konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Abwehr einer gemeinen Gefahr zugelassen werden.
  • Transparenz der Datenübermittlung
    Der Gesetzgeber muss die diffuse Bedrohlichkeit der VDS durch wirksame Transparenzregeln abfangen. Dazu muss die Offenheit der Erhebung und Nutzung von personenbezogenen Daten gewährleistet werden. Eine Verwendung der Daten ohne Wissen des Betroffenen ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn andernfalls der Zweck der Untersuchung, dem der Datenabruf dient, vereitelt wird (Gefahrenabwehr, Nachrichtendienste). Demgegenüber kommt im Rahmen der Strafverfolgung auch eine offene Erhebung und Nutzung der Daten in Betracht. Eine heimliche Verwendung der Daten darf hier nur vorgesehen werden, wenn sie im Einzelfall erforderlich und richterlich angeordnet ist. Allgemein muss derjenige, auf die sich eine Datenabfrage unmittelbar bezogen hat, wenigstens im Nachhinein über die Datenabfrage in Kenntnis gesetzt werden.
  • Rechtsschutz
    Eine Übermittlung und Nutzung der gespeicherten Daten ist grundsätzlich unter Richtervorbehalt zu stellen. Sofern ein Betroffener vor Durchführung der Maßnahme keine Gelegenheit hatte, sich vor den Gerichten gegen die Verwendung seiner Telekommunikationsverkehrsdaten zur Wehr zu setzen, ist ihm eine gerichtliche Kontrolle nachträglich zu eröffnen.
Diese recht detailierten Vorgaben treffen unter anderem auf die abweichenden Meinungen der Richter Schluckebier und Eichberger. Diese kritisieren, dass die Senatsmehrheit den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, auf dem Felde der Straftatenaufklärung und der Gefahrenabwehr zum Schutz der Menschen angemessene und zumutbare Regelungen zu treffen, im praktischen Ergebnis nahezu vollständig einschränkt. Daneben stellen sie fest, dass in der Speicherung der Verkehrsdaten für die Dauer von sechs Monaten bei den Diensteanbietern kein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG von einem besonders schweren Gewicht liegt.

Die europarechtliche Problematik umschifft das BVerfG wie gewohnt gekonnt:

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht, da es auf einen möglichen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht ankommt. Die Wirksamkeit der Richtlinie 2006/24/EG und ein sich hieraus möglicherweise ergebender Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor deutschen Grundrechten sind nicht entscheidungserheblich. [...] Das Grundgesetz verbietet eine solche Speicherung nicht unter allen Umständen.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:29 | Kommentare (2) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, vorratsdatenspeicherung

Mittwoch, 15. Juli 2009

BVerfG: IMAP-Postfächer dürfen beschlagnahmt werden

Das Bundesverfassungsgerichts hat heute eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, die sich gegen die Sicherstellung und Beschlagnahme von E-Mails auf dem Mailserver des Providers wendete. Der Beschwerdeführer hatte ein IMAP-Postfach verwendet, so dass seine E-Mails nicht auf seinen lokalen Rechner übertragen wurden, sondern auch nach dem Abruf auf dem Mailserver seines Providers zentral gespeichert blieben.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wies der Beschwerdeführer die Ermittlungspersonen auf diese Sachlage hin. Darauf ordnete das Amtsgericht die Beschlagnahme der Daten auf dem E-Mail-Account des Beschwerdeführers bei seinem Provider an. Der Provider kopierte danach die gesamten etwa 2.500 E-Mails des Beschwerdeführers, die seit Januar 2004 bis März 2006 auf dem Mailserver gespeichert worden waren, auf einen Datenträger und übergab sie den Ermittlungsbehörden. Dagegen legte der Betroffene Beschwerde ein.

Das BVerfG entschied nun, dass diese Maßnahmen zwar in das verfassungsrechtlich gewährleistete Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG eingreifen. Die allgemeinen strafprozessualen Vorschriften der §§ 94 ff. StPO rechtfertigen jedoch diesen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis, wenn dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den sachlichen Erfordernissen einer entsprechenden Ausgestaltung des strafprozessualen Verfahrens Rechnung getragen wird. Dem Schutz durch Art. 10 Abs. 1 GG steht nicht entgegen, dass während der Zeitspanne, während deren die E-Mails auf dem Mailserver des Providers „ruhen“, ein Telekommunikationsvorgang in einem dynamischen Sinne nicht stattfindet. Einer Eingriffsrechtfertigung genügen die strafprozeßualen Vorschriften allerdings. Die Gewinnung überschießender, für das Verfahren bedeutungsloser Daten ist aber nach Möglichkeit zu vermeiden.

(Pressemitteilung des BVerfG vom 15.07.2009)

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:16 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg

Freitag, 19. Juni 2009

Das BVerfG erklärt den § 202c StGB

Das BVerfG hat in seiner heute veröffentlichten Entscheidung die Klage dreier Beschwerdeführer gegen den umstrittenen § 202c StGB ("Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten") nicht zur Entscheidung angenommen. Diese sahen sich im Rahmen ihrer Berufe einer möglichen Strafverfolgung nach § 202c StGB ausgesetzt, da sie dort regelmäßig mit Schadsoftware umgehen. Zu den Anforderungen an die Schadsoftware hat das BVerfG nun festgestellt:

Das Programm muss mit der Absicht entwickelt oder modifiziert worden sein, es zur Ausspähung oder zum Abfangen von Daten einzusetzen. Außerdem muss sich diese Absicht objektiv manifestiert haben. Es reicht schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht aus, dass ein Programm - wie das für das so genannte dual use tools gilt - für die Begehung der genannten Computerstraftaten lediglich geeignet oder auch besonders geeignet ist.

Semantisch legt das BVerfG den Unterschied zwischen "Zweck" und "Eignung" dar. So setzt § 202c StGB voraus, dass der Zweck des Programms der Vorbereitung einer in § 202c StGB genannten Straftat dienen muss. Die Eignung der dual use Programm reicht für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals nicht aus.

Besorgt man sich dagegen Programme, die nur dem Zweck der Begehung einer anderen Straftat dienen, entfällt das Tatbestandsmerkmal des Vorbereitens einer Straftat, wenn der Anwender es für offizielle Sicherheitstests verwendet.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:17 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, software

Dienstag, 5. Mai 2009

Das BVerfG und die Hausdurchsuchung

Da im lawblog schon alles relevante gesagt wurde, hier nur noch eine Liste einiger vom BVerfG als rechtswidrig erkannter Hausdurchsuchungen für die Akten:

  • Ohrfeige für den Durchsuchungsbeschluss bei einem Rechtsanwalt
  • Verfassungswidrige Durchsuchung einer Arztpraxis
  • Durchsuchung von Geschäftsräumen wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen
  • Durchsuchung von Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren
  • Durchsuchung eines Wohnhauses und von Kanzleiräumen eines Rechtsanwalts
  • Durchsuchung wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz
  • Durchsuchung in einem Verfahren wegen handwerksrechtlicher Verstöße
  • Durchsuchung und Beschlagnahme in den Redaktionsräumen einer Zeitschrift
  • Durchsuchung seiner Wohnung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ohne vorherige richterliche Genehmigung
  • Durchsuchung einer Anwaltskanzlei in einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren
  • Durchsuchung von Kanzleiräumen 
  • Durchsuchung in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren
  • Durchsuchung einer Wohnung im Rahmen eines disziplinarrechtlichen Vorermittlungsverfahren
  • Beschluss eines Beschwerdegerichts, mit dem ein vom Bundesverfassungsgericht aufgehobener Durchsuchungsbeschluss für rechtmäßig erklärt wird (besonders krass)
  • Staatsanwaltlich angeordnete Wohnungsdurchsuchung, ohne vorherigen Versuch, einen Ermittlungsrichter einzuschalten
  • Durchsuchung einer Wohnung wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen
  • ... (< 2006)

Es gibt natürlich auch Beschlüsse, in denen Verfassungsbeschwerden gegen Hausdurchsuchungen nicht zur Entscheidung angenommen werden - meist wegen unzureichender Begründung.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 22:20 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg

Mittwoch, 11. März 2009

Schäubles Kritik am Bundesverfassungsgericht beängstigend

(pm) Die Piratenpartei Deutschland (PIRATEN) verurteilt Innenminister Schäubles (CDU) Kritik am Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Anstoß nimmt der Minister an der Entscheidung des Gerichts, die per Vorratsdatenspeicherung gesammelten Telekommunikationsdaten aller Bürger nur zur Aufklärung schwerer Straftaten nutzbar zu machen. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte er, er habe "Zweifel, ob das Verfassungsgericht wirklich entscheiden sollte, für welche Straftaten man welches Instrument gesetzlich vorsehen kann oder nicht". Diese Aussage offenbart einmal mehr, dass Schäuble in dem obersten Gericht Deutschlands eher eine Hemmschwelle für seine Gesetzesideen sieht, denn einen Hüter des Grundgesetzes.

Dirk Hillbrecht, Vorsitzender der Piratenpartei: "Dr. Schäuble sollte sich mal mit den Grundlagen unseres Staatswesens beschäftigen, die Stichworte sind 'Gewaltenteilung' und 'unabhängige Rechtssprechung'. Wenn Karlsruhe denjenigen auf die Finger klopft, die immer öfter verfassungswidrige Gesetze einbringen und verabschieden, dann ist nicht die Reaktion der obersten Richter das Problem. Das Problem liegt hier beim Gesetzgeber, der nicht gewillt ist, seine Regelungen grundgesetzkonform zu gestalten. Gerade unter diesem Aspekt ist es beängstigend, derartige Worte aus dem Mund eines deutschen Innenministers zu hören."

Das BVerfG hat in den letzten Jahren immer wieder klar gestellt, dass viele der sogenannten "Sicherheitsgesetze" nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Ob Großer Lauschangriff, präventiver Abschuss von Passagiermaschinen, Onlinedurchsuchung oder das bayerische Versammlungsgesetz - stets musste das BVerfG dem allzu eifrigen Gesetzgeber Einhalt gebieten.

"Schäubles Äußerungen", so Hillbrecht weiter, "zeigen ein weiteres Mal, wie ungeeignet dieser Mann als Innenminister und damit auch als einer der wichtigsten Verfassungshüter Deutschlands ist. Freiheit und Sicherheit Deutschlands können nur gewinnen, wenn er schnellstmöglich durch jemanden mit verfassungskonformen Grundsätzen ersetzt wird. Richterschelte und Überwachungsphantasien sollte er lieber den Kühen im heimatlichen Schwarzwald erzählen, da wird dann wenigstens nur die Milch sauer."

Die Piratenpartei kämpft für den Erhalt und Ausbau der Grundrechte. Bereits während des Gesetzgebungsprozesses sollte die Vereinbarkeit der Gesetze mit dem Grundgesetz geprüft werden. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung sieht die Piratenpartei zuversichtlich entgegen. Das Gericht hat in der Vergangenheit immer wieder klargestellt, dass eine Speicherung von Daten auf Vorrat absolut unverhältnismäßig und nicht verfassungskonform ist.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 16:28 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, schäuble-monitoring

Mittwoch, 4. März 2009

BVerfG, Wahlmaschinen und die Piratenpartei

Aus einer Pressemitteilung der Piratenpartei:

Am heutigen Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVerfG) sein Urteil in Sachen "Wahlcomputer" verkündet. Die Piratenpartei Deutschland begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Wahlcomputer in Deutschland nur noch unter sehr eng gefassten Bedingungen zulässig wären. Somit nähert sich Deutschland dem Beispiel anderer europäischer Staaten an, welche die Maschinen sogar ganz aus dem Verkehr gezogen haben.

Ralph Hunderlach, Pressesprecher der Piratenpartei Deutschland, kommentierte das Urteil mit folgenden Worten: "Das war ein wichtiger, längst überfälliger Schritt zum Erhalt unserer Demokratie. Die Benutzung von Wahlmaschinen widerspricht dem Prinzip einer freien und geheimen Wahl, da die Ergebnisse für niemanden mehr nachvollziehbar und überprüfbar sind. Manipulationen wären somit nicht aufzudecken und die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie würde schweren Schaden nehmen. Wieder einmal hat das Bundesverfassungsgericht schwerwiegende Mängel der Gesetzgeber korrigieren müssen."

Die umstrittenen Wahlcomputer wurden zuerst bei der Bundestagswahl 2005 und danach unter anderem bei der vorletzten hessischen Landtagswahl im Jahre 2008 eingesetzt. Bei der Neuwahl in Hessen im Jahre 2009 wurde der Einsatz in Hinblick auf das Unterteil des BVerfG ausgesetzt - zurecht, wie sich jetzt erwiesen hat.

In ihrer Beschwerdeschrift (Az. 2BvC 3/07) forderten die Vertreter des Klägers Ulrich Wiesner die Wiederholung der Bundestagswahl in den 30 Wahlkreisen, in denen die Nedap-Geräte zum Einsatz kamen. Dieser Antrag hatte angesichts der zu erwartenden Verfahrensdauer allerdings nur formale Bedeutung, weshalb sie hilfsweise beantragten, "festzustellen, dass die Verwendung von softwaregesteuerten Wahlgeräten bei Wahlen zum Deutschen Bundestag nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist." Diesem Antrag ist der BVerfG jetzt in weiten Teilen gefolgt.

Der Einsatz von Wahlcomputern hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu Problemen geführt. In den USA "verschwanden" Wählerstimmen aufgrund von Softwarefehlern und in Deutschland gelang es Vertretern des "Chaos Computer Clubs" (CCC) die Tasteneingaben eines Testgeräts mitzulesen, in den Niederlanden brachten Hacker die Computer dazu, Schach zu spielen. Bei den hessischen Landtagswahlen wurden die Wahlmaschinen vor dem Wahltag teilweise in privaten Haushalten aufbewahrt. Sowohl technische als auch Verfahrensmängel machten so ein geheime und manipulationsfreie Wahl unmöglich.

In seiner Urteilsbegründung fanden die Richter klare Worte. Die Transparenz sei bei elektronischer Stimmabgabe nicht gewährleistet und ohne Fachkenntnisse wäre der Wahlvorgang selber durch einen Wähler nicht mehr nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu sei das oft vorgebrachte Argument der schnellere Ermittlung des Wahlergebnisses keine gewichtige Anforderung.

Die Piratenpartei sieht dieses Urteil als klares Signal für weitere anstehende Entscheidungen, wie z.B. die Massenklage gegen die Vorratsdatenspeicherung, da auch hier elementare Grundrechte bedroht sind.

Das Boulevardmagazin hat übrigens einen schönen Kommentar zu diesem Urteil. Das Urteil des BVerfG ist hier zu finden.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 08:07 | Kommentar (1) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, wahlcomputer, wahlmaschinen

Freitag, 27. Februar 2009

Bayrisches Versammlungsgesetz scheitert schon bei summarischer Prüfung (teilweise)

Aus einer Pressemitteilung des Bayrischen Innenministeriums vom 16.09.2008:

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht einer Verfassungsbeschwerde der bayerischen Opposition gegen das Bayerische Versammlungsgesetz gelassen entgegen. Herrmann sagte, die Überprüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht biete die Gelegenheit, das erste Versammlungsgesetz auf Länderebene auch verfassungsgerichtlich zu bestätigen.

Heute erscheint eine Pressemitteilung des BVerfG:

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Bußgeldvorschriften bezüglich der Bekanntgabe-, Anzeige- und Mitteilungspflichten der Veranstalter, der Mitwirkungspflicht des Leiters und des Militanzverbots der Teilnehmer einstweilen außer Kraft gesetzt.

obwohl:

Das Bundesverfassungsgericht [...] von seiner Befugnis, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verzögern oder ein in Kraft getretenes Gesetz wieder außer Kraft zu setzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen [darf], da der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist.

Sechs, setzen!

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 11:26 | Kommentar (1) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bayern, bverfg, sicherheit

Samstag, 21. Juni 2008

Datenschutzaffären erreichen das Saarland

Wie der Saarländische Rundfunk in seinem Videotext berichtet, hat die Saarbrücker Kriminalpolizei die Landtagsfraktion der SPD ausgespäht:

Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats im Fall Pascal. Im Jahr 2003 war ein Protokoll einer nicht-öffentlichen Ausschusssitzung an die Öffentlichkeit gelangt.

Details weiss die Frankfurter Rundschau: So sei das Protokoll über einen V-Mann an das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gelangt, was dort zu einem Bericht über Ermittlungspannen im Fall Pascal verwertet wurde. Darauf habe die "verärgerte" Saarbrücker Kripo die Verbindungsdaten von zwei Telefonanschlüssen von Bekannten (sic!) des V-Manns untersucht, was ihr vom Amtsgericht genehmigt worden sei. Darunter seien auch Verbindungen zur Landtagsfraktion der SPD gewesen, was diese ins Visier der Ermittler gerückt habe.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bezüglich der Auswertung solcher Verbindungsdaten kurz zuvor festgestellt:

Richterliche Anordnungen gegenüber Telekommunikationsunternehmen, im Rahmen der Strafverfolgung Auskunft über die für Abrechnungszwecke bereits vorhandenen oder in Durchführung einer Zielwahlsuche zu ermittelnden Verbindungsdaten zu erteilen, greifen in das Fernmeldegeheimnis des von der Auskunft Betroffenen ein. Derartige Eingriffe sind nur gerechtfertigt, wenn sie zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich sind, hinsichtlich der ein konkreter Tatverdacht besteht und wenn eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme vorliegt, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen in Verbindung steht.

Auffällig ist an diesem Sachverhalt, dass wieder die Frankfurter Rundschau in diesem Fall journalistisch "ermittelt". Wie schon bei der "Spur 80" im Fall Pascal, über die in den saarländischen Printmedien nur am Rande berichtet wurde, zeigte sich die FR äußerst gut informiert.

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 15:04 | Kommentare (0) | Trackback (1)
Tags für diesen Artikel: bverfg, datenschutz, saarland

Sonntag, 15. Juni 2008

Einbürgerungstestaufgabensteller ausbürgern?

Einbürgerungstests sind ein sensibles Thema, insbesondere wenn Fragen gestellt werden, die nicht einmal ein "billig und gerecht denkender" Deutscher beantworten könnte. Wenn die Fragestellung dann aber noch so unscharf ist, wie in einem Einbürgerungstest der Zeitung "Welt", der sich am Ausländereinbürgerungstest der hessischen Landesregierung orientiert, kann man große Zweifel am Wirkungsgrad solcher Maßnahmen haben:

Einbürgerungstest

Denn wie sagt schon Wikipedia:

Obwohl es Entscheidungen anderer Gerichte kontrolliert, gehört es nicht zum Instanzenzug, sondern überprüft sie als Akte der Staatsgewalt, wie bei allen anderen Staatsorganen. Es findet dabei keine vollständige Rechtsprüfung statt, sondern eine Prüfung am Maßstab des Verfassungsrechts. So gesehen ist es falsch, das Verfassungsgericht als das oberste deutsche Gericht zu bezeichnen.

(via RA-Blog)

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 09:36 | Kommentare (2) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, hessen

Dienstag, 3. Juni 2008

Was halten Sie vom Bundesverfassungsgericht, Frau Dr. Merk?

Nach der Kenntnisnahme dieser Pressemitteilung, in der die bayrische Justizministerin mit den ekelhaftesten Straftaten die Leser emotionalisiert, habe ich mir mal den Gesetzentwurf des Landes Bayern "zur Änderung der Strafprozessordnung (Verdeckter Zugriff auf Informationssysteme)" angeschaut.

Dieser beachtet das Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Online-Durchsuchung nur unzureichend. Dieses hat in der Entscheidung 1 BvR 370/07 festgestellt:

Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.

Der von Bayern vorgeschlagene Katalog von Straftaten in "§ 101k Abs. II StPO" enthält aber sehr viel mehr Straftaten als die vom BVerfG geforderten schwersten Straftaten. So soll z.B. eine Online-Durchsuchung auch bei Straftaten gegen das Waffengesetz (gewerbsmäßiger Handel), gegen das Betäubungsmittelgesetz (Handel mit Betäubungsmitteln) und dem Besitz kinderpornografischer Schriften zulässig sein. Dies mögen schwere und auch verachtenswerte Delikte sein, dennoch gefährden sie keine überragend wichtigen Rechtsgüter. Auch der Schleudersitz des § 101k Abs. IV StPO hilft da wenig, wonach die Online-Durchsuchung nicht durchgeführt werden darf, sobald man ein Aktbild seiner Liebsten auf dem zu durchsuchenden Computer gespeichert hat:

Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach Absatz 1 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig.

Man will hier mit viel "Strauß'schem" Populismus am BVerfG vorbei doch noch die Online-Durchsuchung durchdrücken. Dies beweist schon der erste Absatz der Begründung des Gesetzentwurfs:

Islamistische Extremisten verbreiten im Internet ihre Propaganda oder organisieren Terroranschläge. Detaillierte Bombenbauanleitungen werden für jedermann zugänglich eingestellt. Einschlägige Foren und Tauschbörsen bieten einen Tummelplatz für Pädophile zur Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie zur Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen.

Dann sollte man doch lieber das ganze Internet verbieten!

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 13:10 | Kommentare (2) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bayern, bverfg, online-durchsuchung

Dienstag, 20. Mai 2008

Ohrfeige für den Durchsuchungsbeschluss bei einem Rechtsanwalt

Ein Rechtsanwalt hatte eine Beschwerdeschrift sehr scharf formuliert und hatte sich dabei gegen den erkennenden Amtsrichter nach dessen Ansicht im Ton vergriffen. Darauf erstattete dieser Anzeige wegen Beleidigung. In dem daraufhin von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungsverfahren erließ das Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss, um in der Wohnung und in den Kanzleiräumen "Handakten und Unterlagen" aufzufinden, "aus denen sich ergibt, ob der Beschuldigte wider besseren Wissen gehandelt hat und was Grundlage seiner Behauptungen in der Beschwerdeschrift vom 14.10.2005 … ist".

Dazu das Bundesverfassungsgericht:

Die Durchsuchung auch beruflich genutzter Räume greift in schwerwiegender Weise in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ein (BVerfGE 97, 228 <265>; stRspr). Auch wenn eine solche Durchsuchung nicht unmittelbar den Schutzbereich der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt (BVerfGE 97, 228 <253 f.>; 113, 29 <48>), haben die Strafverfolgungsbehörden das Ausmaß der - mittelbaren - Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen zu berücksichtigen (BVerfGE 113, 29 <48 f.>). Die herausgehobene Bedeutung der Berufsausübung eines Rechtsanwalts für die Rechtspflege und für die Wahrung der Rechte seiner Mandanten (vgl.BVerfGE 44, 353 <372 f.>; 110, 226 <251 ff.> ) gebietet die besonders sorgfältige Beachtung der Eingriffsvoraussetzungen und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, auch wenn die Beschlagnahme und die auf sie gerichtete Durchsuchung bei einem als Strafverteidiger tätigen Rechtsanwalt durch § 97 StPO nicht generell ausgeschlossen ist, wenn dieser selbst Beschuldigter in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren ist (Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. 2007, § 97 Rn. 4).

[...]

Dem angegriffenen Durchsuchungsbeschluss liegt keine diese Gesichtspunkte berücksichtigende Abwägung zugrunde.

Ich bin der Meinung, bei Beamten oder Richtern sollte bei unterlassenen oder offensichtlich falsch vorgenommenen Grundrechtsabwägungen ein Vermerk in der Personalakte eingetragen werden. Damit würden Grundrechte wesentlich besser beachtet und die anscheinend oft herrschende Mentalität in der Form "Gott wird die seinen schon erkennen" verdrängt.

(Pressemitteilung des BVerfG vom 20.05.2008)

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 11:12 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg

Donnerstag, 20. März 2008

BMJ: Vorratsdatenspeicherung bleibt zulässig

Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums:


Das Bundesverfassungsgericht hat heute im Eilverfahren entschieden, dass es auch weiterhin möglich bleibt, Telekommunikationsverkehrsdaten sechs Monate lang zu speichern. Die Karlsruher Richter hatten über einen Eilantrag zu befinden, mit dem die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung angegriffen wurde.

  • Die Karlsruher Richter haben keinen Anlass dafür gesehen, die Speicherung der Verkehrsdaten entsprechend der EU-Richtlinie bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
  • Damit bleibt es dabei, dass Deutschland weiterhin vollumfänglich seinen europarechtlichen Verpflichtungen gerecht werden kann.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene effektive Strafverfolgung weiterhin berechtigt sind, Abrufersuchen nach § 100g StPO zu stellen. Die Telekommunikationsunternehmen müssen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ihren Datenbestand auf die beantragten Verkehrsdaten durchsuchen und diese vorhalten.
  • Lediglich bei der Frage, in welchen Fällen die vom Telekommunikationsunternehmen aufgrund eines Abrufersuchens ermittelten Daten an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden dürfen, ist das Gesetz bis zur Entscheidung in der Hauptsache mit bestimmten Maßgaben anzuwenden:

    Uneingeschränkt zulässig
    ist die Übermittlung,
    a) wenn es um die Verfolgung der in §100 a Abs. 2 StPO genannten schweren Straftaten geht und die übrigen Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorliegen

    b) wenn es sich handelt um die Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder solcher, die mittels Telekommunikation begangen wurden handelt und die Verkehrsdaten solche sind, die die Unternehmen zu Abrechnungszwecken (und nicht ausschließlich aufgrund der Vorratsdatenspeicherungsrichtline) gespeichert haben.

    Einschränkungen gibt es in der Fallkonstellation b) dann, wenn die durch das Telekommunikationsunternehmen ermittelten Daten solche sind, die nur aufgrund der Vorratsdatenspeicherung (noch) gespeichert sind. In diesen Fällen muss das Unternehmen die Daten sichern, bis das Hauptsacheverfahren beim Bundesverfassungsgericht entschieden ist.

Fazit: Das Gericht lässt die Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten zu, es lässt auch weitgehend die Übermittlung der Daten durch die Telekommunikationsunternehmen an die Strafverfolgungsbehörden zu Strafverfolgungszwecken zu.

Lediglich bei der Verfolgung von (nur) erheblichen Straftaten und solchen, die mittels Telekommunikation begangen wurden, gibt es geringfügige Einschränkungen.

Da Verkehrsdatendatenabfragen durch die Strafverfolgungsbehörden wesentlich im Bereich der Katalogtaten des § 100a StPO stattfinden dürften, können die Strafverfolgungsbehörden mit dieser Interimslösung gut leben, zumal auch die Daten, die zunächst nicht vom Telekommunikationsunternehmen übermittelt werden dürfen, gesichert werden müssen und nach einer entsprechenden Hauptsacheentscheidung gegebenenfalls später noch für die Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stünden.


Kommentar: Politischer Euphemismus. Unerwähnt bleibt, dass man bei der Gesetzgebung die Verhältnismäßigkeit des Gesetzes komplett außer acht gelassen hat. Das sollte einem Justizministerium eigentlich nicht passieren!

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 12:55 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bundesjustizministerium, bverfg, vorratsdatenspeicherung

Mittwoch, 19. März 2008

VDS: BVerfG gibt Klage gegen Vorratsdatenspeicherung teilweise statt

Im Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz gegen §§ 113a, 113b TKG hat der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am 11. März beschlossen, dass die Pflichten aus § 113a TKG von den Providern bis Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu erfüllen sind. Allerdings dürfen die Diensteanbieter nur dann die auf Vorrat gespeicherten Daten an die ersuchende Behörde übermitteln, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gemäß der richterlichen Anordnung eine Katalogtat im Sinne des § 100a Absatz 2 der Strafprozessordnung ist und die Voraussetzungen des § 100a Absatz 1 StPO vorliegen.

Das BVerfG wägt hier das Strafverfolgungsinteresse des Staates mit dem Art. 10 GG verankerten Persönlichkeitschutz des Bürgers bei der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten ab. So stellt es fest, dass durch die flächendeckenden Erfassung des Telekommunikationsverhaltens der Bevölkerung weit über den Einzelfall hinaus, die Unbefangenheit des Kommunikationsaustauschs und das Vertrauen in den Schutz der Unzugänglichkeit der Telekommunikationsanlagen insgesamt zu erschüttern droht. Würde demgegenüber aber jeder Zugriff auf die bevorrateten Daten unterbunden, so bestünde die Gefahr, dass den Strafverfolgungsbehörden ein effektives Ermittlungsinstrument vollständig versagt bliebe.

Einen Ausblick auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens gewährt das BVerfG schon mit seinen Erklärungen zum Europäischen Recht, worauf die Vorratsdatenspeicherung beruht:

[...] Dementsprechend wird eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Gemeinschaftsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>). Hingegen kann eine Norm des deutschen Rechts, durch die der Gesetzgeber die Vorgaben einer Richtlinie in eigener Regelungskompetenz konkretisiert hat oder über solche Vorgaben hinausgegangen ist, zulässigerweise mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen werden.

Demnach wird die Regelung wohl insoweit aufrechterhalten, als dass sie die Minimalvorgaben der Richtlinie 2006/24/EG umsetzt, da sich das BVerfG für diese Regelungen nicht zuständig erklärt. Für alles was über die EU-Richtlinie hinausgeht, erklärt sich das BVerfG aber für zuständig. Gleichwohl lässt sich das BVerfG eine Hintertür zur Nichtigerklärung der VDS-Regelungen im Ganzen. So hat die Republik Irland vor dem EuGH ein Klage gegen die Richtlinie 2006/24/EG eingelegt, da sie aufgrund eines falschen Kompetenztitels zustande gekommen sei:

Sollte der Antrag der Re­publik Irland Erfolg haben, wäre Raum für eine umfassende Prüfung der angegriffenen Normen durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab der deutschen Grundrechte.

(Pressemitteilung des BVerfG vom 19.03.2008)

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:04 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, vorratsdatenspeicherung

Dienstag, 4. März 2008

Rechtsberatung bei eBay ersteigern

Wie das Bundesverfassungsgericht am 19. Februar 2008 beschlossen hat, dürfen anwaltliche Beratungsleistungen bei eBay versteigert werden. Geklagt hatte ein Rechtsanwalt, der zwei „Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen“ mit Startpreisen von 1 € beziehungsweise 75 € und einen „Exklusivberatungsservice (fünf Zeitstunden)“ mit einem Startpreis von 500 € in die Auktionsplattform eingestellt hatte.

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich dabei nicht um eine verbotene unsachliche Werbung für den Anwalt. Vielmehr sei die Werbung über eine solche passive Darstellungsplattform regelmäßig nicht belästigend und drängt sich keiner breiten Öffentlichkeit unvorbereitet auf. Auch Gemeinwohlbelange seien nicht tangiert. Die Versteigerung von Beratungsleistungen über ein Internetauktionshaus deute weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährde sie die ordnungsgemäße Berufsausübung. Die gebührenrechtliche Bestimmung, wonach die Vergütung anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist, sei bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Dem Rechtsanwalt stehe es frei, eine von den gesetzlichen Gebühren abweichende Honorarvereinbarung zu treffen.

(Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.03.2008)

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:45 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, ebay

Mittwoch, 27. Februar 2008

BVerfG: Online-Durchsuchung ist null und nichtig!

Die Verfassungsbeschwerde gegen die Online-Durchsuchungs-Ermächtigung im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz hatte vollen Erfolg. Wie das Bundesverfassungsgericht heute entschied, verletzt die Regelung des § 5 VSG NRW das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner besonderen Ausprägung als Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.

Erwähnenswert ist die selbstkritische Einstellung des BVerfG:

Die Gewährleistungen der Art. 10 GG (Telekommunikationsgeheimnis) und Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) wie auch die bisher in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts tragen dem durch die Entwicklung der Informationstechnik entstandenen Schutzbedürfnis nicht hinreichend Rechnung.

Diese Lücke ergänzen die Verfassungswächter nun mit einem auf dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beruhenden Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.

Allerdings spricht das BVerfG kein absolutes Nein zur Online-Durchsuchung aus. Bei Einführung eines Richtervorbehalts und Wahrung der Verhältnismäßigkeit wird die Online-Durchsuchung wohl kommen können:

Angesichts der Schwere des Eingriffs ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.

Das die Gesetzesautoren beim Verfassen des § 5 VSG NRW geschlampt haben, stellt das BVerfG in seiner Pressemitteilung mit einem Satz sehr deutlich heraus:

3. Ferner verstößt die Norm auch gegen das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit. [Absatzende!]

Dies deutete sich schon in der mündlichen Verhandlung zur Online-Durchsuchung am 10.10.2007 an, als BVerfG-Präsident Hans-Jürgen Papier den Vetreter des Landes NRW Dirk Heckmann fragte, ob man vom selben Gesetz spreche. [heise.de]

Geschrieben von Ralph Hecksteden um 10:44 | Kommentar (1) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: bverfg, online-durchsuchung, software
(Seite 1 von 2, insgesamt 18 Einträge) » nächste Seite

Twitter

@jurmatix

Getaggte Artikel

ad-ius agg bayern bgh biometrie bka blawgs Bundesinnenminister bundesministerium des innern bverfg bverwg datenschutz domainrecht ebay europa google impressum Jugendmedienschutz juris juristische datenbanken Komisches krefeld linux Luftsicherheitsgesetz luftsig nebelbomben nigeria online-durchsuchung personenkennzeichen phishing polizei Recht rechtsinformatik reisepass saarbrücken Saarland schäuble-monitoring Sicherheit Software spam staatlicher hackerangriff stay-different.de steuern terror tkÜ urheberrecht verbraucherschutz vorratsdatenspeicherung xss zensur

Zitiervorschlag:

herrschende Meinung ($URL)

Impressum

Die herrschende Meinung wird herausgegeben von Ralph Hecksteden. Adresse: Hauptstraße 28, 66453 Gersheim Email: hm [ät] herrschendemeinung [punkt] de



Datenschutz: Hier werden keine persönlichen Daten gespeichert. Für die Verarbeitung des HTTP-Request liegt eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1a DSGVO vor. Die Server-Logs werden nur anonymisiert abgelegt.

Kommentare hinterlassen Sie bitte nicht oder nur anonym.