Ein Domaininhaber kann keinen Namensschutz nach der Prioritätsregel in
Anspruch nehmen, wenn er seinem Namen einen Zusatz hinzufügt, der unter
keinem Aspekt seinen berechtigten Interessen entsprechen kann. Dies hat das
Oberlandesgericht Stuttgart entschieden. Damit treten die Grundsätze der
Prioritätsregel bei Gleichnamigkeit nicht nur bei überragender Bekanntheit
zurück, sondern auch dann, wenn dem Domaininhaber keinerlei objektiv
schützenwertes Interesse an der Verwendung des Domainnamens zuzubilligen
ist.
Das im Jahre 1972 gegründete klagende Unternehmen ist mit
Tochtergesellschaften vier europäischen Staaten und Auslandsvertretungen in
19 anderen Ländern im Bereich Anzeige- und Informationssysteme für
Automatisierung und industrielle Kommunikation tätig. Die klagende
Gesellschaft und alle zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften und
Vertretungen treten seit 1972 bzw. seit ihrer Gründung unter dem
Firmenschlagwort „S.“ auf.
Die beklagte Privatperson mit dem Namen „S.“ betreibt bislang noch kein
Gewerbe und hat am 26.10.2006 die eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Er hat in den Jahren 2005 und 2006 die Internet-Domains
„s.-unternehmensgruppe.de“, „s.-unternehmensgruppe.com“ und
„.s.-unternehmensgruppe.eu“ für sich registrieren lassen. Die zugehörigen
Homepages sind bis jetzt ohne Inhalt. Das klagende Unternehmen verlangt die
Freigabe dieser Domains.
Das klagende Unternehmen hat nach Auffassung der Stuttgarter Richter einen
Anspruch auf Freigabe der drei streitgegenständlichen Domains
„s.-unternehmensgruppe.de“, „s.-unternehmensgruppe.com“ und
„s.-unternehmensgruppe.eu“. Rechtlicher Inhalt eines solchen Anspruches sei
nicht die Übertragung der Domain, sondern, dass der Anmelder gegenüber der
zuständigen Vergabestelle die Löschung der Registrierung erklärt. Der
Wortkombination „S.-Unternehmensgruppe“ komme eine eigene, spezifische
Unterscheidungskraft insoweit zu, als sie eine Abgrenzung gegenüber einer
Einzelperson mit Namen S., den der Beklagte als Familiennamen selbst
innehat, ebenso enthält wie eine Abgrenzung von einem einzelnen Unternehmen
dieses Namens. Insoweit sei der Begriff „Unternehmensgruppe“ nicht
lediglich beschreibender Zusatz ohne Unterscheidungskraft, sondern gerade
Ausdruck einer besonderen und im Sinne einer Abgrenzung besonders
herausgestellten Qualität des Namensträgers. Den damit in seiner Gesamtheit
zu sehenden (Domain-)Namen „S.-Unternehmensgruppe“ gebrauche die beklagte
Privatperson unbefugt. Denn sie heiße zwar S., betreibe aber keine
Unternehmensgruppe, noch nicht einmal ein einzelnes Unternehmen. Zwar sei
richtig, dass dann, wenn mehrere Personen als berechtigte Namensträger für
einen Domainnamen in Betracht kommen, für sie hinsichtlich der
Registrierung ihres Namens als Internet-Adresse grundsätzlich „das
Gerechtigkeitsprinzip der Priorität“ gelte. Eine Abweichung von der
Prioritätsregel („Online-Priorität“) sei jedoch dann angezeigt, wenn die
Interessen der Parteien von derart unterschiedlichem Gewicht sind, dass es
nicht bei der Anwendung der Prioritätsregel bleiben kann.
26.07.2007 - 7 U 55/07
Oberlandesgericht Stuttgart - erhältlich in der Rechtsprechungsdatenbank
Baden-Württembergs: http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de
Quelle: Mit freundlicher Unterstützung der
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